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Atommüll Endlager

Lex Asse Bericht 2023

Wer seit Corona von diesem Staat enttäuscht oder gar geschockt ist, sollte sich unbedingt mal mit der Lex Asse beschäftigen. War doch bei Corona immerhin noch Lauterbach (SPD) als Mediziner – über dessen Fähigkeit als „Arzt“ mir keine Beurteilung zusteht – federführend, umgeben von zahlreichen „Experten“ als Echokammer und den meisten Journalisten als Klatschaffen, so ist die Geschichte der Lex Asse bis zum heutigen Tag weit aus brutaler und unversöhnlicher. Im Jahre 2008 hat die Ente der Sozialdemokratie Sigmar Gabriel (kann: Ministerpräsident, Minister für Umwelt und Reaktorsicherheit, Minister für Wirtschaft und Energie, Aussenminister etc.pp.) ein Nicht-Ereignis zu einem Skandal aufgeblasen. Wahrscheinlich muß man Gymnasiallehrer sein, um sich als absoluter Laiendarsteller gegen die gesamte Fachwelt zu stellen und einen Milliardenschaden zu erzeugen, ohne dabei rot zu werden. Er ging dabei so rotzig vor, daß sich selbst das Ökoinstitut Freiburg (eine Speerspitze der Anti-Atomkraft-Experten) in einem Gutachten von seiner Schnapsidee, die Asse wieder leer zu räumen, distanzierte – das muß man erstmal schaffen. Um was es dabei geht und warum der Schaden noch für Generationen anhält und warum diese Parteiendemokratie unfähig ist ihre Fehler zu korrigieren – ohne ein bisschen Hintergrund sicher nicht leicht zu verstehen.

Geschichte der Asse

Schon 1899 legte man den Schacht Asse I zum Abbau von Kali an. Kali war zu der Zeit als Dünger sehr wertvoll. 1901 war eine Fabrik zur Gewinnung des Kali aus den geförderten Salzen fertig. Schon 1905 soff das Bergwerk komplett ab und mußte aufgegeben werden. Für das weitere Verständnis ist wichtig, daß das Bergwerk zwar komplett voll lief, dies aber ohne Folgen blieb: Keine Verseuchung des Trinkwassers oder der Böden oder sonst irgend ein Schaden in der Biosphäre. Dieser Zustand hält nun schon weit über hundert Jahre an. Gesättigte Sole ist wesentlich „schwerer“ als Wasser und steigt deshalb nicht auf. Schon relativ geringe Konzentrationsunterschiede führen z. B. in der Ostsee zu ausgeprägten Schichtungen.

Schon 1909 konnte wieder über den neu angelegten Schacht Asse II in etwa 1,5 km Entfernung weiter gefördert werden. Der Eigentümer des Bergwerks und das zuständige Bergamt wollten unter allen Umständen eine Wiederholung verhindern. So gelang es bis heute – nunmehr seit 114 Jahren – die Grube zu unterhalten. Ab 1925 war mit Kaliförderung aus der Asse kein Geld mehr zu verdienen. Man stieg deshalb ab 1916 auf die Förderung von Kochsalz um. Um die Stabilität des Bergwerks zu gewährleisten, wurden über 100 Abbaukammern mit einer Grundfläche von 60 mal 40 m und einer Höhe von 15 m angelegt. Ab 1964 lohnte sich auch die Salzgewinnung nicht mehr. Wie in jedem Bergwerk fallen die Hohlräume irgendwann in sich zusammen. Dies führt über Tage unvermeidlich zu Bodenabsenkungen. Um aus der Haftung raus zu kommen, hatte der Eigentümer die glorreiche Idee, das Bergwerk an den Staat zu verkaufen. Von 1967 bis 1978 wurden insgesamt 124 494 Gebinde mit schwach radioaktiven Abfällen und 1 239 Gebinde mit mittelradioaktiven Abfällen mit einem deklarierten Inventar von 7,8 PBq eingelagert.

Woher stammte der Müll?

Keineswegs nur aus Kernkraftwerken (20%), überwiegend war es staatlicher Müll aus den Forschungszentren Karlsruhe (50%), Jülich (10%) und den Landessammelstellen (20%). Dies erklärt auch die abenteuerlich bunte Mischung: Ionentauscher, Schlämme, Laborabfälle jeglicher Art, minimale Reste von Tierversuchen aus der medizinischen Forschung, aktivierte Metalle, Filter oder Textilien, aber auch geringste Mengen Uran und Plutonium. Alles nur schlecht dokumentiert: Als (überwiegend) staatliche Institutionen, lieferte man ja direkt an das ebenfalls staatliche Helmholtz Zentrum zur Endlagerung.

Trotzdem war das keine schlechte Idee. Überwiegend handelte es sich um leicht aktiven Müll, der in anderen Ländern auf oberflächennahen Deponien verbracht wird und nicht wie hier, hunderte Meter unter der Erde. Seine oft größere chemische Toxizität („Laborabfälle“) ist in einem Salzbergwerk (z. B. Herfa-Neurode, Morsleben, WIPP) gut aufgehoben. Wenn alles wie geplant gelaufen wäre, wären die Kammern längst mit Salz aufgefüllt und das Bergwerk sicher verschlossen. Apropos Morsleben, lag das dröhnende Schweigen an der Bewunderung für die „überragende“ sozialistische Technik oder das ausgeprägte „Umweltbewusstsein der untergegangenen DDR“? Oder ging es bei der Asse doch um ganz andere Dinge?

Die Sache mit der Radioaktivität

In der Asse wurde nur schwach und mittelaktiver Abfall eingelagert. Alle Abfälle wurden in dicht verschlossene 200 bzw. 400 Liter Fässer aus Blech verpackt. Ein Faß ist nach der Definition „schwach aktiv“, wenn an seiner Oberfläche so wenig Strahlung austritt, daß man damit gefahrlos umgehen kann. Bei „mittel aktiven“ Abfällen ist die Strahlung noch so schwach, daß sich das Faß nicht erwärmt, aber schon so stark, daß ein Umgang ohne zusätzliche Abschirmung (dauerhaft) gesundheitsschädlich wäre. Radioaktivität hat nun die angenehme Eigenschaft – anders als viele Chemikalien – immer weiter abzunehmen: Wenn ein Kern zerfallen ist, ist er unwiederbringlich verschwunden und kann auch nicht mehr strahlen. Je schneller ein Stoff zerfällt, je größer ist seine Strahlung im betrachteten Zeitraum und damit auch seine „Schädlichkeit“, aber das „Problem“ ist auch nur von kurzer Dauer. Umgekehrtes gilt natürlich auch, je langlebiger (große Halbwertszeit) ein Stoff ist, desto länger ist er potentiell gefährlich. Deshalb hatte man noch eine zweite Grenze eingeführt: Solche Abfälle durften nicht mehr als 400 Bq/g (Zerfälle pro Sekunde pro Gramm Material) an langlebigen Isotopen enthalten. Dieser Wert ist nicht willkürlich gewählt, sondern entspricht der spezifischen Aktivität von uranhaltigem Erz. Mit anderen Worten: Im Ausland lagert man solche Abfälle in oberflächennahen Deponien, da man sie nach maximal 300 Jahren als „normale“ Umgebung betrachten kann und sie wieder zur allgemeinen Nutzung frei geben kann. Üblicherweise kann man sie nach etwa 100 Jahren aus der Überwachung und Wartung entlassen.

Was war ursprünglich geplant?

Man hätte (mindestens) alle Kammern, in denen Abfälle eingelagert wurden, vollständig verfüllt. Wenn keine Hohlräume mehr vorhanden sind, kann auch nichts mehr einstürzen oder Sole in sie eindringen. Wichtig ist hier noch einmal der Unterschied zwischen Wasser und Sole: Die Sole in der Asse ist mit Salz gesättigt, sie kann somit praktisch keine anderen Stoffe – den radioaktiven Abfall – mehr auflösen. Sie würde den Müll eher konservieren. Sie hat rund die anderthalbfache Dichte des Grundwassers und kann damit nicht bis zur Oberfläche aufsteigen. Warum etwas in 750 m Tiefe gefährlicher für die Menschen sein soll, als an der Oberfläche, sollte man besser die Protagonisten der Rückholung befragen: Sigmar Gabriel (Gymnasiallehrer mit Germanistik, Politologie und Soziologie) und Sylvia Kotting-Uhl (Studium Germanistik, Anglistik und Kunstgeschichte; Dramaturgin an der Badischen Landesbühne und zehn Jahre in einer Kinderwerkstatt). Einem Ingenieur oder Physiker fällt eine Begründung sicherlich schwer.

Was soll nun sein?

Das Salzbergwerk wurde 1964 stillgelegt. Die Einlagerung der Abfälle endete 1978. Es sind also sage und schreibe 45 Jahre vergangen, in denen die Grube (unfreiwillig) vor sich hin gammelte. Die immer wieder in die Hohlräume eindringende Sole mußte irgendwie zurück gehalten werden. Die auf natürliche Weise wieder „zuwachsenden“ Kammern sind inzwischen stark verformt. Ständig müssen Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden, eingedrückte Mauern zur Verhinderung des Soleflusses erneuert werden. Die gesamte Technik ist inzwischen veraltet und verschlissen. Ein ständiges Flickwerk um die Grube überhaupt noch begehbar zu halten.

Inzwischen sind sich alle Beteiligten einig, daß zur sicheren Rückholung ein komplett neues Bergwerk neben der alten Grube gebaut werden muß. Anschließend kann man dann von dort Tunnel zu den alten Kammern graben. Um was eigentlich zu machen? Den Atommüll aus dem Salz wieder auszubuddeln und wieder ans Licht zu schaffen. Diese Form der Einlagerung – teilweise einfach aus der Schaufel eines Radladers in den Hohlraum ausgekippt – war nie für eine Rückholung vorgesehen. Schon gar nicht, nach so langer Zeit. Die Fässer werden bis zur Bergung fast 100 Jahre in einer feuchten, extrem salzhaltigen Atmosphäre vor sich hin gerostet haben. Sind die 45000 Kubikmeter Atommüll wieder nach oben geholt, wie und wo werden sie gelagert?

Ist das bloße Anlegen eines Bergwerks schon eine unfallträchtige Arbeit, ist eine Arbeit mit radioaktiven Stoffen unter solchen Bedingungen ein Verstoß gegen alle Grundsätze des Strahlenschutzes. Schon allein, weil die Rückholung keine Verbesserung bedeutet, sondern schlicht weg eine Verschlimmbesserung darstellt. Die Lex Asse ist eine Anstiftung zur Körperverletzung, vielleicht gar zur fahrlässigen Tötung. Wer soll denn solch gefährliche Arbeiten ausführen? Doch sicherlich nicht die Damen und Herren der Stuhlkreise gegen „Atomenergie“. Liebe Ökos, die ihr sonst jedem Gramm CO2 hinterher hechelt, hat schon mal einer von euch den „Fußabdruck“ berechnet, den diese sinnlose Aktion erzeugt? Hat schon mal einer ermittelt, wieviel „tödliche Becquerel“ mit dem Abraum zusätzlich aus dem Berg gegraben werden? Was glaubt ihr eigentlich, warum beispielsweise extra ein neuer Stromanschluss mit 30 MW gelegt werden muß? Warum bereits heute ganze Liegenschaften zusammengekauft werden, um darauf die notwendigen Anlagen zu bauen. Von dem eigentlichen Zwischenlager ist dabei noch gar nicht die Rede. Von dem neuen „Endlager“ und den Transporten dahin, auch nicht.

Der wirtschaftliche Schaden

Im Zeitraum von 2009 bis 2022 wurden knapp 1,6 Milliarden EUR verbraten. Allein dieses Jahr sollen geschätzt 168 Millionen EUR ausgegeben werden. Die geschätzten Gesamtkosten sollen sich auf knapp 5 Milliarden EUR belaufen. Was glaubt Deutschland für ein reiches Land zu sein, daß es solche Summen ausgeben kann, um ein paar selbst ernannte Weltenretter zu bespaßen? Wieviel Schulen könnten damit gebaut werden, wieviel zusätzliches Personal in Grundschulen und Kindergärten eingestellt werden, wieviel Kleinrentnern ein menschenwürdiger Lebensabend ermöglicht werden? Haben wir nicht überall marode Brücken, ein kaputtes Schienennetz? Könnten nicht all diese Beamten und Ingenieure, die sich mit der Verlagerung von Müll von einem Haufen auf den anderen befassen, dort sinnvoll helfen?

Der politische Scherbenhaufen

Alle Parteien (außer der AfD) haben 2013 für die Änderung des Atomgesetzes (Lex Asse) gestimmt. Wie viele Parlamentarier an dieser Abstimmung teilgenommen haben, weiß ich nicht (man kennt ja die leeren Ränge aus diversen Fernsehübertragungen), erst recht nicht, wie viele von denen das Gesetz überhaupt gelesen, geschweige denn verstanden haben oder einfach – wie gewöhnlich – der Empfehlung ihrer Fraktionsvorsitzenden (Parteiendemokratie) gefolgt sind. Egal, Geschichte…

Wenn eine Demokratie lebendig bleiben soll, muß man offensichtlich schlechte Gesetze ändern. Die Ansicht, die Partei hat immer recht, ein Parlament kann sich nicht irren, führt kurz über lang zum Zusammenbruch des Gesellschaftssystems. Wir haben es doch gerade bei Corona erlebt, wie tief die Verletzungen durch Politiker, Medien und ihre selbsternannten „Experten“ nachwirken.